„Jamaica“-Koalition in puncto Braunkohle

Wo stehen CDU, FDP und Grüne energiepolitisch?

Eine Koalition aus CDU, FDP und Grünen, kurz auch „Jamaica“ genannt, könnte für die kommenden vier Jahre die Geschicke unseres Landes führen. Doch muss diese für die Geschichte der Bundesrepublik neue Konstellation erst einmal ihre jeweiligen Forderungen auf einen Nenner bringen. Energiepolitisch dürfte dies alles andere als einfach sein – möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen für unsere Region.

Ein Blick in die jeweiligen Wahlprogramme verrät mehr:

Grüne: „Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke schalten wir sofort ab“

Im „10 Punkte für grünes Regieren“-Programm der Grünen, die „der Maßstab für eine grüne Regierungsbeteiligung“ sein sollen, schreibt die Partei unter Punkt 1:

Klimaschutz voranbringen: Wir steigen so aus der klimafeindlichen Kohle aus, dass wir die Klimaschutzziele und unser Ziel 100% Erneuerbare Energie im Strombereich bis 2030 einhalten. Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke schalten wir sofort ab.

Zugleich wird im vollständigen Wahlprogramm der Vorwurf formuliert, dass Angela Merkel – voraussichtlich Kanzlerin der oben genannten Koalition – an „der klimaschädlichen Kohle“ festhalte. Ein vorprogrammierter Konflikt, wie die Grünen feststellen. Im Detail heißt es dort zudem:

Wir achten darauf, dass der Ausstieg in einem breit angelegten Dialog erfolgt, wir werden ihn sozial verträglich gestalten und neue Arbeitsplätze schaffen. Die Finanzierung des Strukturwandels muss eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Energieunternehmen sein.“

Somit ist klar: Die Grünen machen den zügigen Braunkohle-Ausstieg zur Koalitionsbedingung. 100% Erneuerbare Energie bis 2030 heißt im Umkehrschluss 0% aus der Braunkohleverstromung. Damit wäre unsere Region zwanzig Jahre früher dran als derzeit geplant – mit der Folge: Strukturbruch, denn den Wandel in dreizehn Jahren erfolgreich gestalten zu wollen, ist eine Illusion.

„Rot-Grün“ in NRW hat in seiner Leitentscheidung, die einen Braunkohleabbau bis ca. 2050 vorsieht, für Planungssicherheit im Rheinischen Revier gesorgt. Die aktuelle NRW-Landesregierung aus CDU und FDP stehe offenbar zu diesem Ziel, was von ihr aber erst nach einer kleinen Anfrage im Landtag durch Guido van den Berg MdL (SPD) klargestellt wurde, die verfasst wurde, weil Energieminister Pinkwart (FDP) zuvor für einige Irritationen gesorgt hatte.

FDP: „fossile Energieträger auf absehbare Zeit nicht“ verzichtbar

Mit ihrer Forderung „100% Erneuerbare Energie im Strombereich bis 2030“ dürften die Grünen Probleme mit der FDP bekommen. In deren Programmübersicht heißt es:

„Wir Freie Demokraten setzen uns für einen vielfältigen Energiemix ein und stehen neuen Technologien dabei offen gegenüber, auch wenn auf fossile Energieträger auf absehbare Zeit nicht verzichtet werden kann.“

Das „Dauersubventionssystem des EEG (Anm.: Erneuerbare-Energien-Gesetz) mit Einspeisevorrang und -vergütung“ möchte sie laut Wahlprogramm abschaffen, denn „auch für die erneuerbaren Energieträger müssen in Zukunft die Regeln des Marktes mit allen Chancen und Risiken gelten. (…) Deshalb sollen künftig nicht Gesetze und durch die Politik festgelegte Ausbauziele darüber entscheiden, mit welchem Energieträger und welcher Technologie zur Energieversorgung beigetragen wird.“

Bei der FDP soll es also der Markt regeln – ohne EEG, also ohne Subventionen, die die Grünen wiederum für ihr Ziel „100% Erneuerbare Energie im Strombereich bis 2030“ brauchen.

Auch in puncto Versorgungssicherheit – wichtig für unsere Wirtschaft und Industrie – ist laut FDP der Markt gefragt, denn sie will „Versorgungssicherheit im Wettbewerb“ und „keine staatlich bestimmte Kapazitäts- und Klimareserve, mit der lediglich die Symptome der verfehlten Energiewende kuriert werden.“ Das richtet sich unter anderem gegen das Kraftwerk Frimmersdorf, was kürzlich für vier Jahre in die Reserve gegangen ist.

CDU: Was will eigentlich die CDU?

Eine zentrale „Aussage“ im Wahlprogramm lautet:

„Auf dem G7-Gipfel in Elmau wurde vor zwei Jahren die Dekarbonisierung (Anm.: Ausstieg aus CO2-intensiven Energieformen wie Kohle, Öl und Gas) der weltweiten Energieerzeugung bis zum Ende dieses Jahrhunderts beschlossen. Langfristig muss ein großer Teil der fossilen Energien wie Kohle, Öl und Gas durch umweltfreundliche Energien ersetzt werden.“

Dabei möchte die CDU „eine langfristig sichere, bezahlbare und saubere Energieversorgung“ gewährleisten. Einen ausformulierten „Ausstieg“ lässt sich nur im Zusammenhang mit dem bereits feststehenden Ausstieg aus der Atomenergie „bis 2023“ finden. Alles andere bleibt – wie auch oben beschrieben – eher offen gehalten:

„Wir halten an unseren bestehenden Energie- und Klimazielen fest und setzen sie Schritt für Schritt um.“

Hier ist Hintergrundwissen erforderlich. Vereinfacht ausgedrückt heißt das: Alles läuft wie bisher (Stichwort: Klimaschutzplan 2050) und unsere Region fährt, wie bereits in Frimmersdorf geschehen, bestehende Kraftwerkskapazitäten runter und überführt diese schrittweise in die Energie- bzw. Sicherheitsreserve, bevor die Kraftwerksblöcke ganz vom Netz gehen. Mit der Braunkohle wäre planmäßig um 2050 herum Schluss.

Frage: Wer setzt sich am Ende durch?

Die Grünen wollen einen schnellen Ausstieg, die FDP will es dem Markt überlassen und die CDU möchte alles so weiterlaufen lassen, wie bisher. Bei CDU und FDP liegt ein Kompromiss nicht in so weiter Ferne, wie es in Richtung Grüne der Fall ist.

Was immer am Ende dabei rauskommt, es bestimmt die Zukunftsfähigkeit unserer Region massiv mit. Doch wo ist die Stimme aus unserer Region, die unsere Interessen vertritt. CDU, FDP, UWG und Grüne mochten jedenfalls im Kreistag eine Resolution der SPD gegen weitere Kraftwerks-Schließungen im Rheinischen Revier nicht mittragen. So wird unsere Region zum Spielball für ein Politgeschacher in Berlin.