Klimaschutzplan und Aktuelle Stunde zum Thema Klimagipfel in Paris

Rede Rainer Thiel MdL

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Paris und der Klimaschutzplan NRW, das ist das Thema dieser aktuellen Stunde in Verbindung mit dem Beschluss zum Klimaschutzplan NRW.

Um es gleich zu sagen: Paris und der Klimaschutzplan NRW, das passt zusammen.
Mit dem Klimaschutzgesetz und dem Klimaschutzplan unterstützt NRW die Klimaziele der Bundesrepublik. Was jetzt in Paris beschlossen wurde, nämlich eine Klimaerwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, das ist bereits seit 2007 Grundlage der Deutschen Klimapolitik. Nun soll dies 2020 für 195 Staaten der Welt und für Europa verbindlich werden. Möglichst sollen 1,5 Grad nicht überschritten werden, wissend, dass allerdings die Erwärmung bereits um ein Grad zugenommen hat. Die 195 Staaten und die EU sind nun eingeladen etwas zu tun, bzw. werden dazu ermutigt. Die Wege zur Erreichung des zentralen Ziels sind also alles andere als verbindlich, Einladung und Ermutigung – das ist ein Minimalkonsens. Aber gerade bei den Wegen brauchen wir Verbindlichkeit und klare, faire Wettbewerbsbedingungen. NRW ist weiter, was wir machen vollziehen andere erst nach. Mit dem Klimaschutzgesetz 2012 hat NRW spezifische Reduktionsziele festgelegt: Bis 2020 sollen 25% CO2 Emissionen gegenüber 1990 eingespart werden.
Bis 2050 sollen es mindestens 80% sein. Das folgt auch der Logik von Paris, nämlich dass die Reduktionsleistungen der Leistungsfähigkeit und den Emissionen eines Landes entsprechen sollen. NRW hat sich eigene Ziele gesetzt, die die besondere Situation des Industrielandes NRW berücksichtigen.
Das bedeutet: Klimaschutz ohne Strukturbruch.
NRW ist ein bedeutendes Industrieland und soll es auch bleiben. Darum brauchen wir stabile und faire globale Rahmenbedingungen.
Es geht ja letztlich auch darum, die ambitionierten politischen Minderungsziele technisch-physikalisch auch erreichen zu können, ohne unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden und damit auch die Fähigkeit Wohlstand und soziale Sicherheit für unsere nächsten Generationen generieren zu können.

„Von fairen weltweiten Wettbewerbsbedingungen für die Industrie auf dem Feld der Klimapolitik sind wir weit entfernt“ mahnt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Er warnt insbesondere davor, dass China, weltweit größter CO2 Emittent, mit seinen Überkapazitäten die Stahlmärkte unter Druck setzt, seinen CO2 Ausstoß weiter erhöht, während hier die Einsparziele immer ambitionierter werden.

Während in Paris vereinbart wird, den Höhepunkt der globalen CO2 Emissionen „möglichst bald“ erreichen zu wollen, sind wir in NRW bereits auf dem Minderungspfad. Z.B. im Energiesektor, da werden zusätzlich fünf 300 MW Blöcke im Rheinischen Revier in eine Sicherheitsreserve gehen und dann stillgelegt. Die Leitentscheidung zu Garzweiler II sieht eine Verkleinerung um 400 Mio. Tonnen Braunkohle vor. Der Tagebau Inden endet 2030, dann geht auch das Kraftwerk Weisweiler vom Netz.

Bis 2050 können die Tagebaue Hambach und Garzweiler planmäßig weitergeführt werden. Dann ist das Ende des Braunkohletagebaus in NRW erreicht. Das ist deutlich schneller als in Paris vereinbart wurde, nämlich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts globale Treibhausgasneutralität erreichen zu wollen.
Um es klar zur sagen, aus den Vereinbarungen der Weltgemeinschaft in Paris erwächst kein Druck, hier bei uns noch schneller aus der Kohle auszusteigen. Jetzt über ein Kohleausstieg zu reden ist so überflüssig wie ein Kropf. Mancher der hier Ratschläge verteilt soll erst mal vor der eigenen Haustür kehren. Wie wäre es mit einem Projekt „klimaneutraler Flughafen Frankfurt“ der größten interkontinentalen Decksschleuder in Deutschland. Flug und Luftverkehr wurde in Paris von konkreten Reduktionsverpflichtungen ausgenommen. Warum eigentlich? Oder in Niedersachsen, da sollte in Wolfsburg mal ehrlich an Abgaswerten gearbeitet werden. Selbst bei den Beleuchtungen wird manipuliert, die Werte stimmen hinten und vorne nicht.
Nein, meine Damen und Herren, wir brauchen da keine wohlfeilen Belehrungen.
Wir setzen auf vorbeugenden Strukturwandel, wir wollen die Zeit nutzen, mit der Innovationsregion Rheinisches Revier neue, innovative Arbeitsplätze zu schaffen und die Infrastruktur zukunftsfest zu machen. Dafür nehmen wir gerne auch Hilfe aus Berlin an.
Klimaneutralität, nicht Dekabonisierung wurde in Paris beschlossen. Weder die USA, nach Russland, noch die Erdölstaaten im Nahen Osten, erst recht nicht die asiatischen Staaten mit Indien und China wollen auf ihre Öl-, Gas-, oder Kohlevorräte verzichten, übrigens auch England nicht.
In NRW hingegen wird es keine neuen Tagebaue mehr geben. Dadurch bleiben Milliarden Tonnen Braunkohle in der Erde!
Die bestehenden Tagebaue müssen aber ordnungsgemäß und nicht willkürlich abgeschlossen werden. Das sind wir der Region und den Menschen dort schuldig.
Als in Berlin 20.000 Menschen vor dem Kanzleramt demonstrierten und ihre Angst vor einem Strukturbruch und massiven Arbeitsplatzverlusten klar und unmissverständlich auszudrückten, da stand da ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt, und hielt ein Schild hoch „Papa braucht die Arbeit“. Das kann uns nicht ungerührt lassen.
Klimaschutz, das ist in NRW Bestandteil einer Gesamtstrategie, die sich an wirtschaftlichen Stärke, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Vernunft gleichermaßen orientiert.

Wir wollen gute Arbeit schützen. Darum werden wir weiter Strukturbrüche verhindern.
Unsere Wirtschaft, letztlich unsere Gesellschaft insgesamt ist auf Versorgungssicherheit angewiesen, ebenso wie auf bezahlbare Energiepreise. Darum muss endlich und zügig geklärt werden, wie denn zukünftig Versorgungssicherheit gewährleistet wird. Uns ist auch nicht geholfen, wenn im Nachbarland Belgien schrottreife Atomreaktoren wieder hochgefahren werden. Weltweit erfährt Kernenergie eine Renaissance.

Sehr geehrte Damen und Herren.
Es gibt derzeit keine nennenswerten Speicherkapazitäten. Sonnen- und Windenergie können weder unsere Großstädte und Infrastruktur, noch unsere Industrie sicher und zuverlässig versorgen.
Die technischen und ökonomischen Voraussetzungen für entsprechend leistungsfähige Speicher und eine notwendige Infrastruktur fehlen noch. Das zu erreichen muss nun Ziel ehrgeiziger Politik sein.

Sehr geehrte Damen und Herren.
Wir beschließen heute in NRW den Klimaschutzplan.
Ökonomisch, Ökologisch und Sozial, das passt zu NRW, das ist Klimaschutz „Made in NRW“.

Keine Bevormundung, kein Überstülpen politischer Vorgaben. Der Klimaschutzplan ist in einem breiten Beteiligungsprozess entstanden. Bürgerinnen und Bürger, die Kommunen und ihre Verbände, Unternehmen, Gewerkschaften, Umweltverbände und die Wissenschaft, an einem Tisch. 154 Maßnahmen zum Klimaschutz und 66 Maßnahmen zur Klimaanpassung in 16 Handlungsempfehlungen kamen zusammen. Ein klarer Handlungsauftrag für die Landesregierung. Zahlreiche Angebote aus den Bereichen Förderung, Forschung und Entwicklung, Beratung und Vernetzung zur weiteren Unterstützung, für den Klimaschutz aktiv zu werden, kommen hinzu.
Wir verstehen Klimaschutz als Fortschrittsmotor, als Chance für unseren Maschinen- und Anlagenbau, einem weltweit wachsenden Leitmarkt. Als Motor für neue Produkte, Verfahren, Werk- und Rohstoffe, sowie neuen Dienstleistungen, Wirtschaft 4.0, die voranschreitende Digitalisierung der Energiewirtschaft ist ein weiterer Treiber. In NRW werden bereits jetzt effiziente Produkte hergestellt und innovative Technologien entwickelt, die weltweit wesentliche Beiträge zum Klimaschutz leisten. Unsere Chemieindustrie, unsere Stahlindustrie, die Aluminiumindustrie und viele andere Betriebe, sie alle sind Bestandteile der Lösung, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Bodenerosion, Verlust von fruchtbaren Böden sind weltweit ein wachsendes Problem. Wir haben in NRW den Weltmarktführer für Produkte zur Bodenverbesserung.

Die Fa. Humintech, die erst kürzlich bei den Top 100 Innovatoren ausgezeichnet wurde, trägt dazu bei, dass bis zu 30% Dünger eingespart werden kann, dass ausgelaugte oder versteppte Böden wieder ertragreiche Äcker oder blühende Landschaften werden können. Das Thema Bodenrecycling bietet eine spannende Perspektive.
Wir können aus CO2 auch Produkte machen, z.B. Schaumstoff für Möbel und Autositze. Eine Pilotanlage dazu wird derzeit im Chempark in Dormagen errichtet.
Aluminium und Stahl sind wichtige, hochinnovative Baustoffe, die im Verkehr, in Gebäuden und in Anlagen hohe Effizienzgewinne ermöglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren.
Das machen wir in NRW:

  • Energie weiterentwickeln und neu denken. Vom virtuellen Kraftwerk bis zu Energiegenossenschaft.
  • Ressourcen effizienter einsetzen und schonen. Z.B. stromsparende Chlorproduktion, 30% Einsparung können erreicht werden, wie ich mich im Chempark Dormagen direkt vor Ort informieren konnte.
    Aber auch stromsparende Straßenbeleuchtungen im städtischen Raum helfen dabei weiter.
  • Unsere Wohnquartiere entwickeln.
    Z.B. Klimaschutz und Klimafolgeanpassung in die Stadtentwicklung integrieren.
  • Unsere Mobilität zukunftsgerechter weiterentwickeln.
  • Durch Unterstützung umweltfreundlicher Verkehrsträger, Verlagerung von Güterverkehr auf Schienen und Wasser, sowie dem Ausbau der E-Mobilität.

  • Auf die Menschen mit kleinen Einkommen achten.
    Die soziale Ausgewogenheit der Klimaschutzmaßnahmen gehört im Monitoringprozess der Maßnahmen ebenso dazu, wie die gesamtwirtschaftlichen Wechselwirkungen und Auswirkung auf Natur und Umwelt. 350.000 Haushalte, die von Strom abgeklemmt sind, das ist ein Alarmsignal.

Wir begrüßen Planungen im Wirtschaftsministerium in Berlin, ein Klimawohngeld einzuführen, damit einkommensschwache Familien auch von geringen Heizkosten und hochwertigen Wohnungen profitieren können. Gleichwohl gehört die Frage der sozialen Gerechtigkeit zu den wichtigsten, einer erfolgreichen Klimaschutzstrategie, wenn auf Dauer Akzeptanz für die Energiewende erhalten werden soll.

Wir empfehlen, den Klimaschutzplan NRW durch Annahme des Entschließungsantrages zu beschließen. Der Eilantrag der Piraten bleibt weit hinter den Erfordernissen einer ausgewogenen Klimaschutzpolitik zurück, darum empfehlen wir Ablehnung.
Wir in NRW sehen vor allem die Chancen einer innovativen und gut gemachten Klimaschutzpolitik.
Dafür wollen wir die Menschen begeistern und mitnehmen.
Wir wollen positiv aktivieren und brauchen keine Angst als Treiber für Fortschritt. Die erfolgreiche Dialogkultur werden wir durch Fortführung des Koordinierungskreis Klimaschutzplan verstetigen. Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Packen wir es an.