Mein Standpunkt zum „Klimacamp“ Rheinland 2017

Aktionsgruppe „Ende Gelände“ will mit „zivilen Ungehorsam“ den Tagebau dicht machen

Vom 18. bis 23. August findet das „Klimacamp“ im Rheinland statt. Die Vorzeichen hierzu sind beängstigend: Wie die Neuß-Grevenbroicher Zeitung berichtet, werden laut dem Veranstalter des Camps „tausende Menschen aus ganz Europa erwartet“. Große Sorge bereitet mir dabei die Ankündigung der Aktionsgruppe „Ende Gelände“, die ein „Ultimatum für RWE“ formuliert hat und darin fordert:

„Bis zum 23. August 2017 bleibt RWE noch Zeit seinen Tagebau zu schließen, die Kraftwerke abzuschalten und die Kohleverstromung einzustellen – verstreicht diese Frist ungenutzt, werden wir das übernehmen. Denn dann ist Ende Gelände!“

Quelle: www.ende-gelaende.org

Klarer könnte eine Androhung von Gewalt nicht sein

Auch wenn im Rahmen des Klimacamps zweifelsohne eine Mehrheit der Menschen schlicht Kritik an der Energiepolitik unseres Landes äußern will und vom Grundrecht der Meinungsfreiheit Gebrauch macht, so haben – jüngst in Hamburg beim G20-Gipfel – kleinere Gruppen gezeigt, wie dieses Recht für Aktionen, die unter dem Euphemismus „ziviler Ungehorsam“ laufen, missbraucht wird. Die Bilder aus der Hansestadt dürften uns allen noch präsent sein. Auch „Ende Gelände“ stellt sich über geltendes Recht und legitimiert sich selbst:

„Ja, Ende Gelände ist nicht vom Gesetzbuch gedeckt, aber angesichts dieser Politik ist Ende Gelände absolut legitim und notwendig. Es entspricht der Tradition des zivilen Ungehorsams dem formalen Recht eine eigene, breitere Form der Legitimität von unten entgegenzustellen.“

Quelle: www.ende-gelaende.org

Das ist ein klarer Angriff gegen unseren Rechtsstaat und unser Grundgesetz! Und zudem für alle Beteiligten absolut gefährlich: für die RWE-MitarbeiterInnen, die Polizei und für die „Klima-Aktivisten“ selbst. Jede Industrieanlage und insbesondere ein Tagebau birgt für nicht-kundige Personen erhebliche (Lebens-)Gefahren. Ein Betreten des Werksgeländes – was zugleich Hausfriedensbruch ist – ist mehr als fahrlässig. Doch wird dies völlig ignoriert, wie auch eine Auseinandersetzung mit anderen Positionen und Argumenten. Eine inhaltliche Auseinandersetzung wird gemieden.

Legitimiert die Energiewende Gewalt?

Statt sich an Fakten zu orientieren, berufen sich die selbsternannten „Klima-Aktivisten“ auf eine stark ideologisch geprägte Weltsicht. Dabei wäre es längst Zeit, die Ziele der Energiepolitik in der Bundesrepublik zu hinterfragen und eine kritische Bilanz zu ziehen.

Grundsätzlich gefragt:

Können wir uns zu 100% mit erneuerbaren Energien versorgen?

Derzeit ganz klar: Nein! Es fehlen noch immer die technischen Grundlagen, beispielsweise im Bereich der Energiespeicher – da sind wir noch in der Grundlagenforschung. Lediglich Pumpspeicherkraftwerke gelten als ausgereift. Doch lassen sich diese nicht überall aufbauen und es bilden sich dagegen auch Proteste wegen ihrer schieren Größe. Zudem gibt es physikalische Grenzen z.B. bei der Energiedichte in Batterien.

Zudem: Egal wie viel Wind- und Solaranlagen installiert werden, es wird immer Situationen geben, wo keine Sonne scheint und kein Wind weht. Dunkelflauten sind ein reales Phänomen. Diese müssen noch lange durch konventionelle Kraftwerke abgesichert werden.

Wir würden unsere Heimat nicht wiederkennen, wenn unsere Großkraftwerke mit ihrer zentralen und sicheren Versorgungsfunktion alle ersetzt werden sollten mit den eher ineffizienten Technologien einer dezentralen und zudem ungesicherten Versorgung durch erneuerbare Energien.

In der Diskussion um die Energiewende wird zudem der erforderliche Flächenverbrauch für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die damit verbundene, notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung völlig vernachlässigt. Proteste gegen neue Windparks sind nicht nur in unserer Region präsent. Beim Flächenverbrauch trifft Klima- auf Umweltschutz und Tierschutz, nicht nur bei Windkraftanlagen und Energiespeicher. Der größte Solarpark im Rhein-Kreis Neuss, in Gohr auf der Mülldeponie, ersetzt beispielsweise gerade mal ein (!) Windkraftrad.

Die Energiewende wird für alle noch sichtbarer werden: mit weitere neuen Stromtrassen, weiteren neuen Wind- und Solarparks, einer neuen Speicherinfrastruktur – auch dort, wo jetzt noch Landwirtschaft und Natur dominieren. Das gehört auch zur Wahrheit!

Können wir nicht einfach den Energieverbrauch senken?

Dazu heißt es auf der Webseite des Umwelt-Bundesamtes:

„Der Endenergieverbrauch in Deutschland ist seit Beginn der 1990er Jahre kaum gesunken. Es wird zwar immer mehr Energie effizienter genutzt und teilweise eingespart, doch Wirtschaftswachstum und Konsumsteigerungen verhindern einen deutlicheren Verbrauchsrückgang.“

Quelle: www.umweltbundesamt.de

Damit wird auch klar: Eine tatsächliche deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs geht letztlich nur über drastische Einschränkungen und Wohlstandsabbau. Das muss dann aber auch offen gesagt werden.

Umstieg auf E-Mobilität verstromt Mobilität

Im Zuge des „Diesel-Skandals“ wird nun ein zügiger Umstieg auf E-Mobilität gefordert. Doch werden grundsätzliche Fragen in der Debatte (mal wieder) ausgeblendet: Wer bezahlt beispielsweise den Ausbau eines flächendeckenden Ladesäulennetzes für E-Autos – erneut der Endverbraucher, also wir alle? Wie wird der Energie-Mehrbedarf gedeckt? Halten die Netze es aus, wenn tatsächlich Millionen Autofahrer gleichzeitig laden? Elektrofahrzeuge fahren nur so sauber, wie der Strom ist, denn sie „tanken“. Wer „saubere E-Mobilität“ will, muss also noch mehr Windräder, Solaranlagen, Speicherkraftwerke und Hochspannungsleitungen bauen und noch mehr Landschaft zubauen. Das ist schon für eine „saubere“ Produktion notwendig, denn E-Autos brauchen – auch wegen des Akkus, deren Recycling für 40 Millionen Autos auch noch geklärt werden muss – ein Vielfaches mehr als aktuelle Benziner.

Aber statt die offenen Fragen zu klären wird schon mal um Dieselfahrverbote gestritten und geklagt – an deren Spitze der Abmahnverein „Deutsche Umwelt Hilfe“ und ihr Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch, dem wir ja auch die giftigen Quecksilber-Energiesparlampen in Kinderzimmern verdanken

Erneuerbare Energien werden hoch-subventioniert

Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz findet seit Jahren die größte Vermögensumverteilung in der Geschichte unserer Gesellschaft statt. Für 2017 prognostizieren die Netzbetreiber eine Umlagehöhe nur für erneuerbare Energien von rund 24 Milliarden Euro, die von den Endkunden, also von allen, aufgebracht werden müssen. Das freut vor allem die Anlagenbetreiber. Die Belastung im Netzausbau, die mit der soeben geschilderten Forderung nach mehr E-Mobilität noch größer wird, ist da noch nicht eingerechnet.

Wer einen vollständigen Umstieg in erneuerbare Energien und dazu dann E-Mobilität fordert, der sollte bitte ALLE Folgen und Konsequenzen auf den Tisch bringen, und auf dieser Grundlage dann für Akzeptanz und Zustimmung in der Bevölkerung werben, statt mit immer neuen Drohkulissen und dramatischeren Szenarien Stimmung zu machen.

Es gäbe noch viel mehr Punkte, gerade was die Zukunft von Verkehr, Wohnen und Infrastruktur sowie unserer Wohlstandsfähigkeit angeht – ich befürchte jedoch, das weder im „Klimacamp“ und noch weniger bei „Ende Gelände“ darüber offen, sachlich und objektiv diskutiert werden wird.

Jedenfalls rechtfertigt eine derartig fragwürdige Positionierung keine Gewalt und legitimiert eine solche ideologische Verengung keinen „zivilen Ungehorsam“.