Aktuelle Stunde: Regierungserklärung von Umweltminister Remmel

Rede im Landtag NRW am 2. Dezember 2015

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchertribüne,

NRW braucht aus Paris klare Signale und verbindliche Beschlüsse. Die derzeit tagende Klimakonferenz der Vereinten Nationen berät über ein neues internationales Klimaschutzabkommen. Der internationale Klimaschutz ist eine der größten globalen Herausforderungen im 21. Jahrhundert.
Die Pariser Konferenz muss ein Meilenstein werden, der die globalen kollektiven Maßnahmen verstärkt und den raschen Übergang zu einer Gesellschaft vereinbart, die klimafreundlich ist, also wenig Treibhausgase verursacht und Klimaresilienz ist.
In Paris steht also viel auf dem Spiel.

Keine Region ist dabei so ehrgeizig wie Europa. Und hat dabei mit dem ETS (Emission Trading System) auch schon viel erreicht. China will das Modell übernehmen.
Kein Land ist so ambitioniert wie Deutschland, das seine CO2-Emissionen gegenüber 1990 um bereits 23% gesenkt hat und ein Einsparziel von 40% CO2 bis 2020 gegenüber 1990 anstrebt.
Die EU will dieses Ziel erst 2030 erreichen. China denkt darüber nach, seine Emissionen bis 2030 noch zu steigern und danach zu senken und erhält dafür Beifall. Es hat bereits seine Emissionen seit 1990 um 297% auf 9.761 Tonnen CO2 gesteigert. China ist damit mit großem Abstand der größte Treibhausgasemittent, gefolgt von den USA, die auch noch zulegen und Indien, das dramatisch zulegt.

Deutschland hat seine Emissionen von 622 auf 471 Mio. Tonnen in 2014 gesenkt und erfährt trotzdem Kritik, weil die 40% nicht ehrgeizig genug seien. Da läuft doch was ziemlich schräg.

Innerhalb von Deutschland ist es NRW, das bei den energiebedingten Emissionen als Industrieland die meisten Erfolge vorzeigen kann. Minus 15,3 % oder 55,4 Mio. Tonnen (!) von 1990 bis 2013.
In Bayern waren es mal gerade 5,3% oder 4,5 Mio. Tonnen, Baden Württemberg 6,9% oder 5,1 Mio. Tonnen. In den ostdeutschen Bundesländern sind es in Sachsen 46,8% oder 42,8 Mio. Tonnen oder 61,9% in Thüringen mit 17,4 Mio. Tonnen. Das ging dort einher mit Strukturbrüchen und dem Wegfall ganzer Wirtschaftszweige nach der Wiedervereinigung. Das auszugleichen bedarf es des „Solis“ den gerade auch Kommunen aus NRW leisten.
Umso höher ist der Beitrag NRWs zu bewerten. NRW muss aber auch leistungsfähig bleiben können.

Wir machen Klimaschutz ohne Strukturbruch!
Mit Blick auf Paris ist für NRW wichtig, das auf dem Weg zur Erreichung ehrgeiziger Klimaschutzziele faire Wettbewerbsbedingungen erreicht werden.
NRW ist industrielles Kernland und soll es auch bleiben. Hier findet ein Drittel der bundesweiten Energieerzeugung statt. In NRW werden innovative Produkte und Dienstleistungen entwickelt und erstellt, die weltweit zum Klimaschutz beitragen. Wir haben hier ausgeprägte Kompetenzen, etwa im Maschinen- und Anlagenbau, bei der Herstellung von Stahl und anderen Metallen sowie in der chemischen Industrie.

NRW leistet seinen Beitrag zum Klimaschutz. Mit dem Klimaschutzgesetz NRW und dem Klimaschutzplan unterstützen wir die globale Klimaschutzpolitik.

Als Industrieland haben wir dabei für NRW spezifische Ziele gesetzt. Wir wollen die Emissionen in NRW bis 2020 um 25% und bis 2050 um mindestens 80% gegenüber 1990 senken. Das passt zu NRW, das können wir leisten, ohne Strukturbrüche herbeizuführen. Das hat Rot-Grün bereits 2010 in den Koalitionsvereinbarungen und 2013 ins Klimaschutzgesetz NRW festgeschrieben.
Schwarz-Gelb hatte als Ziel noch 33% (!) und lies sich als Vorreiter feiern.
Das sollten sie bei all ihrer Kritik jetzt nicht vergessen. Wie hätte das denn ausgesehen, jetzt, was hätten sie denn dann alles abschalten müssen um dieses Ziel zu erreichen?
Windausbau wollen sie ja nicht, die FDP ist strikt dagegen.

Meine Damen und Herren aus der Opposition: Klimaschutz ist bei uns in guten Händen!

Das 40%-Ziel der Bundesregierung baut auf den Merseburger Beschlüssen der Bundesregierung von 2007 auf. In 29 konkreten Ansätzen sollten damals bis 2020 36,6% CO2-Minderung zu 1990 erreicht werden. Später wurde daraus 40%. Allerdings sind die Erwartungen nicht erfüllt worden. Ein stabiler Rechtsrahmen z.B. für CCS-Technologien (Carbone Capture and Storage) wurde nicht erreicht! Das war aber eine wesentliche Annahme im Energiesektor.
Der Wärmesektor sollte einen wesentlichen Beitrag leisten. Davon sind wir ziemlich entfernt.
Der Verkehrssektor sollte ebenfalls einen deutlichen Beitrag leisten, z.B. mit einer „CO2-Strategie PKW“, sowie Verlagerung von Güterverkehr auf Schiene und Wasser. Auch da sind wir kaum weitergekommen. Gerade strengere Grenzwerte für PKWs wurden immer wieder, auch mit Hilfe der Bundesregierung, herausgezögert. Bekannt war ja schon lange, dass die Differenz zwischen offiziellen Werten und realen Werten immer größer wurde, besonders im Premiumsegment.

  • 2001 – ca. 8%
  • 2014 – ca. 40%

Schlupflöcher in der Testprozedur wurden hingenommen, zum Schaden des Klimas und des Industriestandortes Deutschland. Auch im Energiesektor läuft es nicht rund.
Nachdem Schwarz-Gelb erst 2010 die Laufzeit für Atomkraftwerke um 12 Jahre verlängerte, beschlossen sie ein Jahr später den Ausstieg bereits bis 2022 und legten sofort schon AKWs still. Eine Energiewendepolitik ohne Konzept und Kompass.
CCS-Technologie und Atomkraft bis weit über 2030 waren aber wichtige Grundannahme für das 40%-Ziel, jedenfalls im Energiesektor.
Kein Land auf der Welt macht beides, aus Atomkraft aussteigen und aus Kohle. England wird gelobt, dass die Zerschlagung der Kohle unter Magret Thatcher nun zum Ende gebracht wird, aber sie setzen vermehrt auf Kernkraft! Das will hier niemand.
Wir brauchen kein Kohleausstiegsgesetz. Wir haben gerade zur Unterstützung der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung vereinbart fünf 300 MW Blöcke vorzeitig vom Netz zu nehmen. In der Leitentscheidung zur Garzweiler wurde der Tagebau verkleinert.
Wir haben einen Kohleausstieg bereits festgelegt. 2018 aus der Steinkohle. Neue Tagebaue wird es auch nicht mehr geben. Bestehende Braunkohlepläne und die neue Leitentscheidung geben Planungssicherheit für das Rheinische Revier und die Arbeitsplätze. 2030 wird mit „Inden“ ein kompletter Tagebau abgeschlossen sein. Garzweiler und Hambach haben Kohle bis 2050. Dann ist das Ende der Braunkohle in NRW erreicht.

Bis dahin müssen aber noch wichtige Voraussetzungen geschaffen werden, damit dann eine Versorgungssicherheit durch erneuerbare Energien erreicht werden kann.
Die Speicherfrage muss nicht nur auf Papier beschrieben sein, sie muss bis dahin auch real gelöst werden. Heute können die vorhandenen Speicher gerade mal 2,5% eines durchschnittlichen Tagesbedarfes decken. Langzeitspeicher können perspektivisch z.B. „Power to Gas“ oder ähnliche Technologien sein. Allerdings ist hier noch erheblicher Forschungsbedarf notwendig. Von einer technischen Realisierung von Langzeitspeichern sind wir noch weit entfernt.
Der Klimaschutzplan NRW setzt hier einen Schwerpunkt bei Forschung und Entwicklung.
Darum waren die Äußerungen der Bundesumweltministerin im Vorfeld des Klimaschutzgipfels wenig hilfreich. Sie ignoriert die Versorgungssicherheit, die wir gerade als Industrieland NRW brauchen und die wir für ganz Deutschland bereitstellen.

NRW betreibt ambitionierten Klimaschutz, wir unterstützen die Anstrengungen zur Begrenzung des weltweiten Klimawandels.
Wir bieten konkrete Lösungen statt Symbolik oder Rechenkunststückchen.
Mit der Förderzusage des Bundes für das virtuelle Kraftwerk „Designnetz“ unter Beteiligung von RWE werden 60 Mio. Euro in die Energieversorgung der Zukunft investiert.

Die Landesregierung hat jüngst in Südamerika vorgemacht, wie aus Klimawandel Chancen für den Industriestandort NRW gewonnen werden.
Wir bleiben dabei, Klimaschutz muss nachhaltig sein: ökologisch, ökonomisch und sozial – und zwar alles gleichwertig!
Sonst wird es für eine Energiewende auf Dauer keine Akzeptanz geben.

Der Eilantrag der FDP, die ja ansonsten im Bund die Klimaschutzziele immer mitgetragen hat, greift hier viel zu kurz. Ihre Haltung zum Klimaschutz ist unklar und widersprüchlich. Ihr Anliegen im Eilantrag ist längst erledigt: durch Regierungshandeln. Hannelore Kraft und Garrelt Duin haben die Position NRWs umgehend klargestellt.

Sie kommen mal wieder zu spät. Wir lehnen diesen Antrag ab. Er ist ein so durchschaubarer Versuch, doch noch ins Thema zu kommen.

Herzlichen Dank.