Corona-Krise: Der Kreis lässt seine Städte und Gemeinden im Regen stehen

Die Folgen der Corona-Pandemie treffen die Wirtschaft und unsere Städte und Gemeinden mit voller Wucht. Viele Selbstständige, Alleinerziehende und kleine Unternehmen sind in große Schwierigkeiten geraten.

Der Landtag in Nordrhein-Westfalen hat in seltener fraktionsübergreifender Einmütigkeit am 24. März 2020 einen Nachtragshaushalt und einen Rettungsschirm mit dem Titel ‚Sondervermögen zur Finanzierung aller direkten und indirekten Folgen der Bewältigung der Corona-Krise‘ beschlossen, mit dessen Hilfe 25 Milliarden Euro zur Abfederung der Folgen eingesetzt werden sollen. Damit soll allen geholfen werden, die von der Corona-Krise massiv betroffen sind.

Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion im Rhein-Kreis Neuss, Rainer Thiel, fordert, dass diese Mittel auch den Kommunen und ihren Unternehmen zugutekommen müssen. 40 bis 60 Milliarden Euro werden infolge der Krise in deren Kassen fehlen. Das geht aus einer Schätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes hervor.

„Die Einkommensteueranteile, die Anteile an der Umsatzsteuer und insbesondere die Gewerbesteuer werden massiv einbrechen“, erklärt Rainer Thiel, der zudem auf die steigenden Kosten, „insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Soziales“ verweist. Der Städtetag hatte bereits vermeldet, dass etwa die Wohngeld-Anfragen seit März deutlich gestiegen sind.

Dem SPD-Antrag, aus diesem vom Landtag eingesetzten Sondervermögen auch einen Rettungsschirm für die Kommunen zu machen, ist die Mehrheit, bestehend aus CDU und FDP, im gestrigen Kreisausschuss nicht gefolgt.

„Unsere Städte und Gemeinden, die während der Corona-Pandemie an vorderster Front stehen und mit großem Aufwand und Engagement die Gesundheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger schützen, werden nun vom Kreis im Regen stehen gelassen“, kritisiert Andreas Behncke, SPD-Fraktionsvorsitzender in Dormagen und Landratskandidat der Kreis-SPD: „Während etwa private Wohnungsbauunternehmen bei Schwierigkeiten Hilfe vom Land erwarten können, würde dies für eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, die der Kreis selbst anstrebt, nicht gelten. Das versteht niemand!“

Rainer Thiel (l.) und Andreas Behncke (r.)

Aus Sicht von Rainer Thiel muss nicht nur die aktuelle finanzielle Handlungsfähigkeit, sondern auch die zukünftige gesichert werden: „Unsere Städte und Gemeinden sind Träger unserer Schulen und Kindergärten, sie gestalten und fördern mit Einrichtungen wie Bibliotheken, Museen und Spielstätten das kulturelle Leben und betreiben Sportanlagen und Schwimmbäder.“ Ohne Hilfen würden viele Kommunen, die in der Vergangenheit große Anstrengungen unternommen haben, um ihre Haushalte auszugleichen und Kassenkredite abzubauen, „wieder tief in die roten Zahlen fallen.“ Die Konsequenzen daraus würden die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar spüren, wie Andreas Behncke ausführt: „Notwendige Sparmaßnahmen werden auf Kosten der Infrastruktur, die Straßen, öffentliche Einrichtungen und Parkanlagen beinhaltet, sowie der Dienstleistungen der Rathäuser gehen.“

Thiel und Behncke sehen eine weitere Gefahr: „Um die Liquidität kurzfristig zu sichern, müssten Kommunen verstärkt auf die in der Vergangenheit ruinösen Kassenkredite zurückgreifen. Diese sind vergleichbar mit Dispo-Krediten für Privatpersonen, die Kommunen in der Regel kurzfristig ausgleichen sollten, es aber in der Vergangenheit immer schlechter geschafft haben.“ Das Statistische Bundesamt hat in diesem Zuge für Ende 2018 ermittelt, dass die Städte und Gemeinden in NRW mit einem Kassenkredit-Volumen von fast 23 Milliarden Euro bundesweit eine Spitzenposition einnahmen. „Deshalb ist es wichtig, in einem weiteren Schritt auch die ‚Altschuldenfrage‘ zu klären.“

Die Bundesregierung und allen voran Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte in der Vergangenheit bereits zusagen getroffen, einen Teil der kommunalen „Altschulden“ zu übernehmen, sofern sich die Bundesländer daran beteiligen. „Die Regierung Laschet hat sich um diese Frage aber bislang gedrückt“, betont Thiel. Auch darauf hatte die gestern mehrheitlich abgelehnte Resolution der SPD abgezielt. Aus Sicht von Rainer Thiel bleibt daher nur zu hoffen, dass „Bund und Länder auf die direkten Hilferufe aus den Kommunen hören und endlich ein Rettungspaket für die Städte und Gemeinden auflegen.“