„Einrichtung einer Erstaufnahmestelle des Landes in Dormagen – Zuweisung von 150 Flüchtlingen“

Antwort auf den offenen Brief der CDU-Stadtratsfraktion Dormagen an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft

Sehr geehrter Herr Heryschek,
sehr geehrter Herr Deußen,

mit großem Erstaunen habe ich Ihren Brief an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gelesen, den Sie als offenen Brief verschickt haben.

Stil und Inhalt des Briefes lassen allerdings jegliche „rheinische offene Lebensart“ vermissen, auf die Sie sich berufen. Wie ich meine zu Unrecht und politisch einseitig. Ihnen ist deshalb sicher auch entgangen, dass es zurzeit 270.000 unbearbeitete Anträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gibt und die Bearbeitungszeit ca. sieben Monate je Fall dauert. Zuständig dafür ist der Bundesinnenminister. Es würde unseren Kommunen und den Ländern helfen, wenn die Verfahren beschleunigt und der Bundesfinanzminister die nötigen Mittel dafür endlich bereitstellen würde. Der Bund muss handeln!

Wenn Sie also von Organisationsversagen reden, dann haben Sie hier eine wichtige Quelle des aktuellen Problems. So was spricht sich in den Herkunftsländern rum, in denen viele Menschen vor Armut und Perspektivlosigkeit flüchten. Wir haben es in diesen Fällen mit regelrechten Auswanderungswellen zu tun. Darum brauchen wir auf Bundesebene endlich ein Einwanderungsgesetz. Zwar sagt die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, zum Thema Einwanderung „da lernen wir noch“, aber es wäre gut wenn man bald zu einem Ergebnis käme.

Derweil wächst der Druck weiter. NRW hat in diesem Jahr bereits 88.000 Flüchtlinge aufgenommen (2014 waren es 43.000). Derzeit kommen wöchentlich 6.000 Neuankömmlinge dazu – die meisten aus Kriegs- und Krisenregionen, Menschen die Hilfe und Schutz benötigen. Das stellen Sie ja auch nicht in Frage. Das sehen die Menschen in Dormagen auch so, die in einer Welle großer Hilfsbereitschaft nicht lange lamentiert, sondern gehandelt haben. Diesen gilt höchster Respekt und Anerkennung. Diese Haltung sollte auch von der Politik unterstützt und als Vorbild genommen werden.

Das die Zahlen derzeit so ansteigen hatte niemand vorausgesehen. Jetzt müssen alle mit anpacken. Der Bund muss deutlich mehr Geld den Ländern und Kommunen geben. Das Land muss bei seinen eigenen Liegenschaften Möglichkeiten der Unterbringung schaffen. Ich erwarte auch, das NRW den Kommunen mehr Geld geben wird. Für die 150 Flüchtlinge, die per Eilzuweisung in Dormagen untergebracht wurden, übernimmt das Land die vollen Kosten.

Ansonsten heißt es, den Rücken gerade machen, helfen und Schutz gewähren. Die dramatisch steigenden Flüchtlingszahlen bedeuten allerdings auch, dass der gewaltige Unterbringungsdruck so schnell nicht nachlassen wird. Das trifft alle Kommunen in NRW. Darum müssen wir weiter um Akzeptanz werben und die Welle der Hilfsbereitschaft unterstützen. Ich bin sicher, dass wir Sie dabei weiter auf unserer Seite haben werden.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Thiel MdL

Anlage: Offener Brief der CDU-Stadtratsfraktion Dormagen