Wenn wir vorzeitig aus der Braunkohle aussteigen, dann …

… werden europaweit keine CO2-Emissionen eingespart,

Eine vorzeitige Stilllegung bis 2040 könnte laut aktueller ewi-Studie den deutschen CO2-Ausstoß zwischen 2020 und 2045 um rund 860 Millionen Tonnen reduzieren. Europaweit würde diese Maßnahme 0 (in Worten: null) Gramm CO2 einsparen. Warum? Das liegt am EU-Emissionshandel (EU ETS) und dem sogenannten Kompensationseffekt.

Vereinfacht ausgedrückt: Im EU ETS müssen die in der EU ansässigen, registrierten Unternehmen für jede Tonne ausgestoßenes CO2-Zertifikate kaufen. Davon gibt es aber nur eine begrenzte Anzahl je Jahr. Deswegen würden bei einem Kohleausstieg in der Bundesrepublik die freigewordenen CO2 Zertifikate durch andere Unternehmen in der EU genutzt werden können. Gerade in Ländern im Osten Europas wird verstärkt auf Kohleverstromung gesetzt und es sind zum Teil sogar neue Tagebaue geplant. Gesamteuropäisch würde das CO2-Aufkommen daher nicht weniger werden, sondern an anderen Orten zunehmen. Der CO2-Verbrauch kann nur reduziert werden, wenn es die deutsche Bundespolitik schaffen würde, die CO2-Zertifikate, die es nicht mehr braucht, stillzulegen. Ob das klappt, ist m.E. fraglich – gerade in einem Europa, in dem vor allem die östlichen Mitgliedsländer verstärkt auf Kohleverstromung setzen und zum Teil planen, neue Tagebaue zu errichten. Eine Stilllegung reduziert daher erstmal nur den deutschen, nicht aber den europäischen CO2-Ausstoß.

Übersicht „Kohle in Europa“

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… steigen die Stromimporte (z.B. Steinkohle und Gas),

Auf die (Braun-)Kohle folgen mehr Gas- und ausländische Kohlekraftwerke – zu diesem Ergebnis kommt die ewi-Studie. So werde der fehlende Strom, der zuvor mit Kohle erzeugt wurde, ausgeglichen. Zudem sollen auch die Stromimporte steigen. Unsere europäischen Nachbarn setzen vermehrt auf Atom- oder Kohlestrom.

… steigt das Großhandelpreisniveau,

Steigen wir aus der Kohle aus, müssen laut ewi-Gutachten andere Energiequellen übernehmen – zum Beispiel Gas. Hier liegt auch der Grund der Stromverteuerung: Wenn Kraftwerke wegfallen, müssen andere, ggf. in ihrer Produktion teurere Kraftwerke übernehmen und setzen damit zugleich den teureren Marktpreis (Stichwort: Merit-Order).

Zudem darf nicht vergessen werden, dass an zahlreichen Kraftwerken auch KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Kopplung) angebunden sind, die beispielsweise Wärme produzieren. Ein zusätzliches Gut, das bei einer vorzeitigen Stilllegung ebenfalls verloren gehen würde bzw. auf Basis von beispielsweise Gas neu aufgebaut werden müsste.

… entstehen europaweit Mehrkosten von über 72 Milliarden Euro, davon rund 37 Milliarden Euro für den Endkunden und

Laut ewi-Studie würden die Endkunden wegen den höheren Kosten im Stromgroßhandel sowie in der Wärmeerzeugung (Neubau von KWK-Anlagen auf Gas- statt Kohlebasis) mit rund 37 Milliarden Euro belastet werden. Betreiber von Kohlekraftwerken müssten mit wirtschaftlichen Nachteilen zurechtkommen, da die Erlöse aus dem Stromgroßhandel sowie Wärmemarkt ausbleiben würden, was ewi mit etwa 23 Milliarden Euro kalkuliert. Insgesamt entstehen laut ewi-Studie für Stromproduzenten und -konsumenten Zusatzkosten in Höhe von 49,3 Milliarden Euro. Dabei eingerechnet sind auch Profiteure des Kohleausstiegs, wie zum Beispiel (ausländische) Gaskraftwerkbetreiber. Die übrigen Kosten würden durch die Stilllegung der CO2-Zertifikate entstehen, die das ewi mit 22,3 Milliarden Euro bewertet.

… werden im deutschen CO2-Budget lediglich etwa 5% eingespart.

Die ewi-Studie kommt im Bereich der CO2-Einsparung im Gebiet der Bundesrepublik auf das folgende Ergebnis:

Definiert man das deutsche CO2-Budget als verbleibende Menge CO2, die bei Erreichung des deutschen Klimaziels bis 2050 (…) noch emittiert (Anm.: verbraucht) werden darf, dann entsprechen die durch den Kohleausstieg deutschlandweit vermiedenen CO2-Emissionen 5,3 Prozent dieses Budgets. Damit reduziert sich der Anteil des Stromsektors am CO2-Budget von 34 Prozent (…) auf 29 Prozent im Falle eines Kohleausstiegs.

Mein Fazit:

rainer-selfie Ein überhasteter Ausstieg aus der Braunkohle verursacht finanzielle Belastungen im hohen, zweistelligen Milliardenbereich und hat deutschlandweit ein geringes und europaweit wahrscheinlich gar kein CO2-Einsparpotenzial. Zudem ist der Verlust an Wertschöpfung, gerade in unserer Region, noch nicht erfasst – bspw. in Arbeits- und Ausbildungplätzen sowie Zulieferer- und Partnerfirmen. Ferner leistet die Energiewirtschaft durch die vereinbarte Sicherheitsbereitschaft bereits einen erheblichen Beitrag zu den Klimaschutzzielen. Insgesamt werden die CO2-Emissionen bis etwa 2030 um 40 bis 50% reduziert! Der Blick müsste auf alle CO2-Verursacher ausgedehnt werden, so beispielsweise auf die im Süden der Republik befindliche Autoindustrie, deren Beitrag bislang eher bescheiden ausfällt.

Wir im Rheinischen Revier und im Rhein-Kreis Neuss leisten unseren Beitrag!

Mehr Informationen:

Quelle: „Ökonomische Effekte eines deutschen Kohleausstieges auf den Strommarkt in Deutschland und der EU“ (ewi Energy Research & Scenarios gGmbH)

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