Entwurf des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW)

Rede Rainer Thiel MdL am 14.12.2016

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

heute steht ein völlig überarbeiteter, umfassend neuer Landesentwicklungsplan zur Beschlussfassung an, der alle bisherigen landesplanerischen Regelungen zusammenfasst und den LEP von 1995 ablöst.

Die Zeiten ändern sich. Wesentliche geänderte Rahmenbedingung mussten berücksichtigt werden – der demographische Wandel, Auswirkungen der Globalisierung, der Klimawandel – das alles musste neu gewichtet werden.
1995 galt es vor allem, die aus der Deutschen Einheit und politischen Öffnung Osteuropas ergebenen neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Es ging auch um das Zusammenwachsen Europas.
Lang ist es her …

Allerdings, auch damals ging es um einen sparsamen und verantwortungsbewussten Umgang mit Freiraum – Zitat: „Um die Sicherung des unverbauten und unversiegelten Raumes als Voraussetzung der natürlichen Lebensgrundlage.“

Sorgen bereiteten schon damals, dass der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen in NRW von 14,6% in 1961 auf über 21% bis 1995 angestiegen war, der Bundesdurchschnitt betrug damals 12,3%. Ende 2014 waren es bereits 23% Siedlungs- und Verkehrsfläche in NRW!
Vom Umweltministerium NRW wurde 2006 die „Allianz für die Fläche“ ins Leben gerufen (also von der CDU & FDP). Ziel war die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, die bis 2020 bundesweit den täglichen Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 Hektar begrenzen will.

Also ein durchaus konservatives Ziel, das Flächensparen.
Für NRW heißt das eben die berühmte Begrenzung auf fünf Hektar neue Siedlungs- und Verkehrsflächen täglich.
Es geht dabei immer noch um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen.
Das Rot-Grün das politische fünf Hektar Ziel weiterverfolgt und als Grundsatz im LEP aufgenommen hat, das greift die CDU nun an.

Wie Geschichtsvergessen ist das denn bitte? Ein starkes Stück politischer Amnesie. Wo sind denn da die konservativen Werte des Erhalts der natürlichen Lebensgrundlagen geblieben? Weg sind sie! Genau wie viele andere konservative Werte, so dass sich die CDU ja selbst nicht mehr wiedererkennt.
Das ist doch ihr Problem! Mangelnde konservative Profilbildung.

Auch beim Landesentwicklungsplan kein Profil.
Keine eigenen Ideen. Kein eigener Vorschlag. Alles nur abgeschrieben in ihrem Antrag.
Eine völlig undistanzierte und unreflektierte Übernahme von aus dem Beteiligungsverfahren noch übrig gebliebenen Wünschen der Verbände der Wirtschaft. Die Anregungen der Clearingstelle Mittelstand, die ja die wirtschaftlichen Anregungen gebündelt hatte, wurden ja im zweiten Bearbeitungsverfahren bereits im Wesentlichen abgewogen und übernommen. Übrigens ausdrücklich von der Wirtschaft begrüßt.

Es ist kein Wunder, dass sie in ihrer Regierungszeit keinen neuen LEP zustande gebracht haben. Sie sind an der Komplexität der Materie, an der Aufgabe, die zahlreichen widersprüchlichen Anforderungen an den Raum abzuwägen und Konflikte auszugleichen, letztlich gescheitert.

Sie verkennen deswegen die eigentliche Leistung dieses nun vorliegenden LEPs.
Nämlich in einer zeitgemäßen und zukunftsorientierten Weise sicherzustellen, dass eine nachhaltige Entwicklung unseres Industrielandes weiter möglich ist.
Dabei sind die sozialen, ökonomischen und ökologischen Anforderungen an den Raum abzuwägen. Denn darum geht es im LEP: um Raumordnung als Instrument für den Ausgleich der unterschiedlichen, konkurrierenden räumlichen Nutzungsinteressen. Es besteht ausdrücklich eine Abwägungspflicht. Es geht um eine abschließende Abgewogenheit.
Dies ist in dem nun vorliegenden LEP auf eine Weise gelungen, die wirklich Respekt verdient.

Schließlich ist Interessenausgleich heute etwas völlig anderes als noch 1995.
Der gesellschaftliche Grundkonsens ist bei weitem nicht mehr so breit wie früher, und was darunter verstanden wird, geht mittlerweile weit auseinander. Das ist nicht nur politisch, sondern auch rechtlich ziemlich vermintes Gelände.
Konsensfähigkeit setzt nämlich Kompromissfähigkeit voraus.

Genau das leistet der CDU-Antrag zum LEP nicht. Sie betonen die Konflikte, ohne einen Vorschlag zum Ausgleich zu machen. Sie stapfen lieber durch vermintes Gelände. Das ist ein Problem und keine Lösung.
Ihr Hauptanliegen ist es doch, das Land verzerrt darstellen, damit sie ein düsteres Bild von NRW beschwören können.
Mit falschen Behauptungen.
Es gibt nämlich keinen Rückgang bei den Betriebsflächen.
Zwar sind 3.789 Hektar seit 2010 nicht mehr ausgewiesen, aber es sind auch 4050 Hektar hinzugekommen. Also ein Plus von 400 Hektar bei den wirtschaftlichen Flächen und auch noch zusätzliche 1.400 Hektar Flächen für „Gebäude und Freiflächen Handel- und Dienstleistungen“.
Die Realität wahrnehmen, das wäre ein Anfang. Dann können Sie sich aber nicht mehr so schön künstlich aufregen und das Land weiter schlechtreden.

Dieser LEP ist ein Ermöglichungsplan – zeitgemäß und modern:

  • Er schützt Gewerbe und Industrie vor heranwachsender Bebauung.
  • Er gewährleistet die bedarfsgerechte Ausweisung von geeigneten Flächen für Wohnen und Gewerbe und ermöglicht regionale und kommunale Angebotsplanung.
  • Er folgt dabei dem Leitbild der flächensparenden Siedlungsentwicklung.
  • Er fördert regionale und kommunale Kooperationen. Z.B. regionale Gewerbeflächenkonzepte. Das wird dem Bedarf an größeren, zusammenhängenden Flächen gerecht, der durch einzelnen Kommunen nicht erfüllt werden kann.
  • Es greift die unterschiedlichen Dynamiken und teilräumlichen Gegebenheiten auf und sichert so den Gesamtraum.
  • Es eröffnet z.B. dem Rheinland die kooperative Entwicklung zur Metropolregion, um im internationalen Standortwettbewerb besser zu bestehen.
  • Der LEP schützt aber auch die Entwicklung der landesbedeutsamen öffentlichen Häfen und die der Industriehäfen durch den Grundsatz zum Umgebungsschutz.
  • Die Bindung an den Klimaschutzplan wurde im LEP ersatzlos gestrichen.
  • Klimaschutz und Klimaanpassung haben eigenständige Ziele und Grundsätze im LEP.
  • Der LEP hat ein Frackingverbot in NRW zum Ziel.
    (Fracking ermöglichen ist ein Alleinstellungsmerkmal der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Keine Neuansiedlung in NRW wird am LEP scheitern. Im Gegenteil.
Aber auch die Regionalplanung muss ihre Hausaufgaben machen. Darauf können sie ja in den Regionalräten achten, da haben sie, geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU ja reichliche Möglichkeiten.

Ein Thema in der Anhörung zum LEP im November waren Unsicherheiten in Detmold zum Ziel 2.3.
Dazu stellen wir als SPD noch einmal deutlich klar: Der LEP hat im Bereich der zeichnerischen Darstellung einen Maßstab von 1:50.000. Siedlungsentwicklung vollzieht sich innerhalb der regionalplanerischen Festlegung.
Ob eine Siedlungsentwicklung als innerhalb des Siedlungsbereichs angesehen werden kann, muss im Einzelfall geprüft werden. Zur Realitätswahrnehmung gehört auch die strengere Rechtsprechung des OVGs.

Sehr geehrte Damen und Herren.

Es gibt also viele und gute Argumente für diesen neuen Landesentwicklungsplan, so wie er uns heute vorliegt und den wir hier heute zur Abstimmung stellen. Und bitte: Nicht noch eine Beteiligungsrunde, die einen fürchten Verschlechterung für die Wirtschaft, die anderen für die Natur, Umwelt- und Klimaschutz. Das ist die Erkenntnis aus der letzten Anhörung.
Dieser LEP hat einen Reifegrad, der Beschlussfähigkeit erreicht hat. Unser Dank gilt der Staatskanzlei, die nach intensiven und aufwendigen Beteiligungsverfahren diesen LEP nun vorlegt. Unser Dank gilt auch allen, die sich mit ihren Anregungen und Kritiken eingebracht haben und so einen Abwägungsprozess mit vorangebracht haben. Die Kommunen, Verbände der Wirtschaft und der Umwelt, sowie zahlreichen Einzelpersonen.

Das alles zeigt, Landesplanung interessiert.
Sie ist in den guten Händen der Staatskanzlei. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wir empfehlen Zustimmung.

Herzlichen Dank.